Der Lykische Weg mit Baby und Zelt – Die erste Woche: Von Fethiye bis Kalkan

Kurzversion
Uns geht es gut und wir geniessen es, gemeinsam so ein Abenteuer erleben zu dürfen. Wir sind eine knappe Woche unterwegs und ca. 127 km und 4’000 hm gelaufen, haben herrlich gespeist und sind haben unzählige lächelnde Menschen kennengelernt. Ganz besonders durch und mit Cleo. Die Gastfreundschaft ist überwältigend, ebenso die grünbeblätterte-weissfelsige Landschaft neben dem türkis glitzernden Meer. Dennoch haben wir schon die ersten Hindernisse überwunden und Schocks verdaut, dazu unten mehr. Das Zelten klappt schon sehr gut, wenngleich sich Cleo an die nächtlichen Geräusche noch gewöhnen kann. Die Hitze bringt uns zu einem neuen Rhythmus. Mit den Klängen des ersten Morgengebetes stehen wir im Dunkeln auf, und machen uns an eine längere Morgenetappe, nach einer vielstündigen Siesta geht es dann am Abend weiter, bevor wir im Sonnenuntergang den Tag beenden.
Vor unserem Aufbruch haben wir uns die Intention gesetzt, dass es uns allen dreien gut gehen muss und wir es langsam und gemütlich machen und regelmässig einchecken, ob es uns gut geht. Wir haben beschlossen, auf dem Weg vegetarisch statt vegan zu essen, um es etwas zu entkomplizieren. Ausserdem, dass wir uns diese besondere Zeit zu dritt schenken. ❤️

Die ersten Schritte
Von Rhodos sind wir per Fähre (ca. 2 Stunden) nach Fethiye übergesetzt. Angekommen haben wir sofort im Turkcell-Shop SIM-Karten (30 € für 20 GB für 30 Tage) gekauft, da Turkcell scheinbar den besten Empfang in ländlichen Gebieten bietet. Nach einem veganen Mittagessen und einem Windel-Einkauf haben wir kurz die Felsengräber über Fethiye besichtigt.
Anschliessend ging es mit dem Minibus vom Busbahnhof nach Ölüdeniz, wo der lykische Weg startet. Cleo fährt nicht sonderlich gerne Auto, wurde aber von unterschiedlichen Einheimischen während der Fahrt bespasst. Umso lieber läuft sie jedoch mit uns: jeweils eine Person trägt sie vorne auf dem Bauch und den kleineren Rucksack am Rücken, während die andere Person den grösseren Rucksack trägt. Und so starteten wir noch am selben Tag um 16:00 Uhr unser 500 km langes Abenteuer.
Der Weg schlängelte sich mit schönen Aussichten hinauf und langsam liessen wir die Zivilisation, inklusive Musik vom Strand, hinter uns. Trotz der Nachmittäglichen Uhrzeit war es immer noch ziemlich heiss und der eisgekühlte Granatapfelsaft am Wegrand im Nirgendwo ist bis jetzt eines der kulinarischen und emotionalen Highlights des Weges.
Während wir durch diese schöne Küstenlandschaft liefen, neigte sich der Tag langsam dem Ende zu. Wir packten unsere Stirnlampen aus und stiegen durch die Dunkelheit ab nach Hisar an der Schmetterlingsbucht. Auf diesen letzten Kilometern blitzen uns noch einige Augenpaare, inklusive die einer grossen Spinne entgegen. Dort, nach 13 km und 700 Höhenmetern angekommen, gingen wir zur Pension Melisa, weil wir davon Gutes gelesen hatten. Zur unserer Überraschung verweigerte uns der Besitzer die Übernachtung im Haus, weil er schlechte Erfahrungen mit schreienden Babys gemacht hatte. Er bat uns aber an, im Garten zu campen, wo es auch Strom und Duschen hatte.
Ein kleiner Vorgriff: Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass wir an jedem Abend, wo wir draussen schliefen, die Gelegenheit zu duschen und unsere Telefone aufzuladen hatten.
So verbrachten wir die erste Nacht unter dem Sternenhimmel, umgeben von duftenden Mandarinenbäumen und zirpenden Grillen. Ausserdem lernten wir ein deutsch-britisches Paar kennen, die genauso wie wir spät gestartet waren und zwei Wochen auf dem lykischen Weg verbringen wollten.



Die ersten Begegnungen
Nach einer kurzen Nacht standen wir schon früh auf und starteten gegen 7:00 Uhr die nächste Etappe. Zunächst hielten wir uns auf der Küstenvariante in Richtung Alınca. Der Weg schlängelte sich unter Pinien hindurch und es roch herrlich. Das Meer lockte. Leider wurde der schöne Weg durch ein Neubauprojekt einer Hotelanlage unterbrochen. Anschliessend gingen wir dann nicht zum Meer, sondern doch den direkten Weg nach Alınca, was wieder mit einigen Höhenmetern einherging, meist über Schotter und unter Pinien.
Kurz vor Alınca trauten wir dann unseren Augen kaum: eine andere Familie aus Australien mit einem 17 Monate alten Kind kreuzte unseren Weg. In Alınca assen wir entsprechend zu sechst zu Mittag und unterhielten uns über das Wandern mit Kindern und Gott und die Welt. Nach einer langen, dreistündigen Pause mit etwas Schlaf für uns ging es steil ab über eine trockene, wohl duftende Route entlang der Küste, die jedoch sehr heiss war.








Kurz vor der Ankunft in Geý, nach ca. 24 km, sprach uns ein in Deutschland geborener Einheimischer an und erklärte uns, dass wir ein paar hundert Meter weiter auf einem Schulplatz campen könnten und dass es gegenüber Restaurants gäbe. Wir freuten uns sehr, kehrten dort ein und assen vier (!!!) Gözleme, duschten, bauten das Zelt auf und gingen schlafen. Die Nacht war sehr erholsam, obwohl wir um 5:45 Uhr zum ersten Ruf zum Gebet geweckt wurden. Wir brachen unser Lager ab und waren um 6:30 Uhr wieder auf den Beinen, um ohne Frühstück nach Bel zu laufen, wo wir von einer türkischen Grossmutter mit einem reichhaltigen Frühstück verwöhnt wurden.







Nach dieser längeren Pause von etwas über einer Stunde ging es 12 km weiter nach Patara Beach. Die Strecke hatte einige Höhenmeter rauf und runter, und es wurde sehr heiss. Wir hatten uns dafür entschieden, vor dem Mittagessen bis dorthin zu kommen, um in einem Restaurant am Strand Mittagspause zu machen und am Abend nur eine kürzere Etappe laufen zu können.
Dort angekommen mussten wir aber feststellen, dass das Restaurant geschlossen hatte. Wir fanden nur eine Mutter und ihren Sohn, die unter einer Plane ein paar Stühle und abgewetzte Sofas stehen hatten und Getränke verkauften. Sie empfingen uns sehr herzlich. Und als sie verstanden, dass wir hungrig waren und nachdem wir ihnen erklärt hatten, dass wir als Vegetarier*innen kein rotes Fleisch und auch kein Huhn essen, wurden wir mit einem improvisierten Kartoffelgericht verwöhnt.
Am meisten verwöhnt wurde aber Cleo, die sowohl von der Mutter als auch vom Sohn liebevoll umsorgt wurde. Auch hier hielten wir uns sehr lange auf und rundeten den Aufenthalt noch mit einem Schwimmen im Meer und im angrenzenden Süsswasserfluss ab.



Anschliessend führten uns sechs weitere Kilometer auf der Strasse bis nach Kumluova – durch ein Meer von Treibhäusen. Vom Wegesrand lockten frische Feigen, Granatäpfel, Trauben, die wild in allen Bäumen rankten, sowie Hühner, Lämmer und zahllose Katzen und Hunde. Wo sollten wir hier nur schlafen? Zum Glück fragte Ivo an zwei Ständen die Essen bzw. Granatapfelsaft am Wegrand verkauften, ob wir dort schlafen könnten – und so schlugen wir unser Lager auf det Terasse eines Bauernhauses auf. Zum Glück haben wir ein halb freistehendes Zelt (Nemo Hornet für drei Personen)! Nach einer Dusche versuchten wir zu schlafen, jedoch war die Geräuschkulisse auch hier stärker denn je. Es klang wie „Old MacDonald had a Farm“.



Antike Orte & ein Schock
Nach der Nacht ging es früh wieder los. Wir kamen durch unterschiedliche Ortschaften und an verschiedenen Tempeln und Ruinen (Letoon und Xanthos) sowie einer Landschildkröte vorbei, die uns sehr interessierten. Wieder hatten wir eine lange Etappe vor uns, die uns über ein Aquädukt führte, das teils Wasser führte und sehr bewachsen war. Zerkratzte Beine lassen immer noch davon grüssen.
Wir schafften es bis nach Üzümlü, wo wir in ein Restaurant mit köstlichen Pide einkehrten. Die Kellnerin war super herzlich, und wir hatten noch nie zuvor so oft in kurzer Abfolge das Wort „Mashallah“ gehört – ein Ausdruck, der oft fällt, wenn Einheimische ein entzückendes Kind treffen.
Wir nutzten die Mittagspause auch, um mit ChatGPT zu recherchieren, wie Rillen in der Hornhaut Ivos an den Fersen behandelt werden könnten. Die Rillen waren zwar nicht neu, aber grösser geworden, und wir hatten die Befürchtung, dass sie durch das Laufen mit den Bedrock-Sandalen für die Wanderung gefährlich werden könnten.
Es ging noch etwas weiter bis Akbel zum „Hidden Garden Resort“, wo man zelten könnte. Jedoch war dies verlassen: Alle Türen standen offen, doch keine Menschenseele war vor Ort, nur zwei Hunde. Wir stellten unser Zelt trotzdem auf. Nach einiger Zeit kam Tuğba vom Pilates zurück und nach einem ersten Schreck waren wir beeindruckt – nach dem Mittagessen hätten wir nicht gedacht, dass die Gastfreundschaft noch gesteigert werden könnte: Die Frau war herzallerliebst, lud uns in ihr Haus ein und gab uns Feigen ihres Grossvaters und Mandeln, während sie mit Cleo spielte.
Wir hofften auf eine ruhige Nacht – doch gegen Mitternacht fing Cleo an zu schreien und übergab sich zwei Mal. Ein Schock! Wir versuchten, so gut es geht, das Zelt zu reinigen, und waren froh, für Cleo insgesamt vier Bodys dabei zu haben. Nach einiger Zeit schlief sie wieder ein, und wir verschoben unseren Start des nächsten Tages nach hinten. Zum Glück waren wir nicht am dry-campen, sondern hatten Wasser vor Ort – so konnten wir die dreckigen Kleider und uns waschen.




Erholung in Gelemis
Am nächsten Morgen verliessen wir gegen 9:00 Uhr das Hidden Garden Resort, um über ein rund 2’000 Jahre altes Aquädukt in Richtung Gelemis zu wandern.
Nach einem köstlichen Mittagessen erfuhren wir von einer englischen Dame, dass sie seit 30 Jahren jedes Jahr hierherkommt – das Frühstück sei phänomenal. Da wir noch müde waren, beschlossen wir, einen halben Ruhetag einzulegen und uns dort in der Pension St. Niklas einzuquartieren. Der Tag ging wie im Fluge vorbei, zwischen Pool, Yoga und Schlaf. Am Abend trafen wir zufällig das deutsch-britische Paar vom ersten Tag wieder und assen gemeinsam.
Am nächsten Tag hatten wir das Bedürfnis nach einem vollen Ruhetag, da Cleo noch etwas verschnupft war. So verbrachten wir einen entspannten Tag: Ivo schaute sich die Ruinen von Patara an, wir gingen gemeinsam zum Strand und assen herrlich.









Die Kletterpassage & Kalkan
Marie machte sich Sorgen wegen einer angekündigten Kletterstelle, die im Reiseführer als sehr steil und „es in sich habend“ beschrieben war. Andere Wanderer schickten uns Fotos und Videos, die nicht allzu schwierig wirkten – und so beschlossen wir, es zu versuchen.
Vor Ort war die Passage gut machbar: drei Meter über Felsen, mit sicheren Griffen und Tritten. Alles in allem kein Problem und ein weiterer Beweis dafür für das Marie durch die Schwangerschaft ängstlich geworden und der Reiseführer nicht für Alpinist*innen ausgelegt ist.
Der Rest der Etappe war wunderschön: Auf und ab entlang der Küste, das blaue Meer unter uns. Schon zur Mittagshitze erreichten wir Kalkan, eine Stadt mit gehobenem britischem Tourismus – Rugby-Screenings, English Breakfast, Cocktailbars. Wir überlegten kurz, weiterzugehen, entschieden uns dann aber für eine Pension, um unsere Kräfte zu schonen.
Am Abend kochten wir auf dem Balkon herrliche Pasta mit Pesto und Baked Beans – quasi Pasta e Fagioli.









Fazit nach der ersten Woche
So endete eine spannende, abwechslungsreiche Woche auf dem lykischen Weg, in der wir viel dazu gelernt haben und zusammengewachsen sind. Inzwischen sind wir kurz nach Kaş. Cleo geht es wieder gut, dafür ist Marie jetzt erkältet. Und einer unserer Sonnenschirme (mit denen wir Cleo aber auch uns unterwegs vor der Sonne schützen) ist nicht mehr ganz rund.
Möchtest du wissen, wie unser Abenteuer weitergeht oder maximal einmal pro Monat einen Newsletter mit Informationen zu neuen Posts und Seiten auf der Webseite erhalten? Dann abonniere den Newsletter.